Er wohnt in meiner Straße gegenüber
und ruft mich manchmal spät am Abend an.
Dann gehe ich noch gern zu ihm hinüber,
weil er ja nicht zu mir herüber kann.
Zehn Fäuste haben ihn mal so geschlagen,
daß er ein Krüppel bleibt, für alle Zeit.
Zuweilen helfe ich ihm das zu ertragen,
die Schläger kümmerte noch nie sein Leid.
Warum Du, warum nicht die? –
wage ich ihn nicht zu fragen.
Warum Du, warum nicht die? –
und ich kann es ihm nicht sagen.
Und ich sehe seine Fotos an den Wänden,
mit dem Mädchen, daß er liebte, Hand in Hand.
Und dann fassen wir uns manchmal an den Händen
und fragen uns: Was ist das für ein Land?
Denn zwei der Täter wurden freigesprochen
und zwei erhielten kurz Bewährungsfrist.
Der Fünfte brach schon öfter ein paar Knochen
und war bekannt als Schläger und Sadist.
Auch der ist auf Bewährung wieder draußen
und findet seine Freiheit wunderbar.
Nur einer wird stets wie ein Sträfling hausen
und sehnt sich manche Nacht nach Frauenhaar.
Warum ich, warum nicht die? –
höre ich ihn manchmal fragen.
Warum ich, warum nicht die? –
und ich kann es ihm nicht sagen.
Und ich sehe seine Fotos an den Wänden,
mit dem Mädchen Arm in Arm am Meeresstrand.
Und dann fassen wir uns manchmal bei den Händen
und fragen uns: Was ist das für ein Land?