Wiedergehört: "Die Sonne und du"

Ibiza, Saint Tropez
Sylt und der Wörthersee
Las Palmas, Rimini
Cannes und Venezia
Ascona, Korsika
Mallorca, Timmendorf
und du
Der Song ist ein absoluter Klassiker, auch wenn einem der Titel nicht auf Anhieb einfällt, wird man nach Udo Jürgens‘ größten Hits oder einem persönlichen Lieblingslied gefragt. „Die Sonne und du“ hat sich mit seinem leichten Reggae-Sound und der Aufzählung schönster Urlaubsorte (Sylt, Wörthersee, Mallorca, Timmendorf) als ewiger Sommerhit eingebrannt. Erschienen an einem grauen Novembertag im Jahr 1983, feierte die Single-Auskopplung aus dem Album „Traumtänzer“ schon einen Monat zuvor bei „Wetten, dass …“ eine umjubelte TV-Premiere. Bei der „Hautnah“-Tour 1984/85 machten Udo Jürgens und Percussionist Billy Todzo die Live-Version von „Die Sonne und du“ zu einem echten Konzert-Knaller.
Foto: Archiv Udo Jürgens

Wiedergehört: Merci, Chérie

Nach zwei gescheiterten Versuchen will Udo Jürgens auf keinen Fall noch einmal am Grand Prix Eurovision de la Chanson teilnehmen. Sein Manager Hans R. Beierlein zwingt ihn 1966 förmlich zu einer dritten Teilnahme. Am Tag des Wettbewerbs will Udo hinschmeißen und aus Luxemburg abreisen. Als die „Bild“-Zeitung dann auch noch mit der Schlagzeile „Udo Jürgens – ohne Chance“ aufmacht, kauft Manager Beierlein mit einem Freund alle erhältlichen Exemplare auf und lässt Udos Hoteltelefon sperren, damit sein Künstler nicht vollends die Nerven verliert. Diesmal, bei seiner dritten Grand Prix-Teilnahme, gewinnt Udo Jürgens mit „Merci, Chérie“. Es ist sein internationaler Durchbruch. „Merci, Chérie“, von Udo komponiert, von seinem Schwabinger Spezl Tommy Hörbiger getextet, wird zum Welthit und erreicht Spitzenpositionen in den Hitparaden von über 20 Ländern.
Foto: Picture-alliance / dpa / Ducklau

Wiedergehört: Die Schwalben fliegen hoch

Udo Jürgens liebte das Schloss Ottmanach, auf dem er und seine Brüder John und Manfred aufwuchsen. Udo beschrieb Ottmanach einmal als die Welt seiner Phantasie. Der Legende nach sei auf Ottmanach noch nie ein Mensch gestorben. Allein der Gedanke daran, so beschreibt es Udo in seiner Biografie „Smoking und Blue Jeans“, habe ihn als Kind unsagbar glücklich gemacht. Und er erinnert sich im Folgenden, wie er auf einer Wiese gelegen habe, geschützt von dem altehrwürdigen Gemäuer, einer Schwalbe zusah und plötzlich selber diese Schwalbe war. In Gedanken malte Udo sich aus, hoch in die Lüfte zu steigen, der Welt da unten zu entfliehen und mit ein paar Flügelschlägen fremde Länder zu überqueren. Udo spielte dieses Phantasiespiel mit den Schwalben immer und immer wieder. Viele Jahre später schrieb Udo ein Lied mit diesen Zeilen:
 
„Man schießt Raketen in das All,
und der totale Stromausfall,
sagt man, ist eine Frage kurzer Zeit.
 
Und wenn mich einer fragt, worin
siehst du für dich des Lebens Sinn,
dann sag’ ich ihm: auch in der Sinnlichkeit.
 
Solang das Herz noch Hoffnung nährt,
bleibt unser Leben lebenswert,
auch wenn der Teufel Pech und Schwefel speit.
 
Die Erde steht, soviel ich weiß
noch längst nicht auf dem Abstellgleis.
Die Zukunft ist noch nicht Vergangenheit …
 
Der nächste Sommer steht bestimmt ins Haus,
die Schwalben wollen wieder hoch hinaus.
Die Schwalben fliegen hoch,
die Schwalben fliegen hoch.“
Das Lied wurde zu einem der großen Live-Höhepunkte der „Hautnah“-Tournee 1984/85.
 
 
 
 

Wiedergehört: Okay

„Okay, du gehst, okay,
ich hab’ das Glück zerstört mit eig’ner Hand.
Und wenn ich zwischen uns
die Scherben seh’,
dann wünsch’ ich mir doch,
etwas Freundschaft bliebe noch
Okay.“
 
Udo Jürgens’ Komposition „Okay“ entstand nach einem stundenlangen Trennungsgespräch, dass Udo mit seiner damaligen Freundin Nina führte. Mit den Worten „Okay, das hat keinen Sinn mehr, wir hören auf. Okay, ich mache Schluss. Okay, das war’s dann wohl. Es ist besser so“, beendete Nina ihre Liebesbeziehung mit Udo damals am Telefon. Udo beschreibt die Situation in seiner Biografie „Smoking und Blue Jeans“. Und er erzählt davon, wie ihm das Wort „Okay“ und seine Endgültigkeit nicht mehr aus dem Kopf gegangen seien und ihn schließlich zu einem Lied inspirierten und wie er daraufhin seinen Textdichter Wolfgang Hofer anrief und mit ihm den Song „Okay“ schrieb. Udo weist in seiner Biografie selbstkritisch auf das Verrückte, Widersinnige seines Berufs und seiner Passion hin. Es verrate etwas von der „Brutalität der Kunst“. „Okay“ fängt die Stimmung zwischen zwei Liebenden, die darum wissen, dass sie ihre Liebe verloren haben, authentisch ein und macht das Lied zu einem von Udos schönsten, sentimentalsten und schonungslos ehrlichsten in seinem Werk.
 
Foto: Manfred Bockelmann
 

Wiedergehört: Aber bitte mit Sahne

Den Text von „Aber bitte mit Sahne“ entdeckte Udo Jürgens in einer Mappe mit Liedern von Eckart Hachfeld. Hachfeld hatte eine Reihe von Texten für Udo geschrieben, unter anderem „Zeig mir den Platz an der Sonne“ und „Lieb’ Vaterland“. Und nun stieß Udo in Eckart Hachfelds Mappe auf einen Text, den der für eine Hamburger Skifflegroup, die „Rentnerband“, geschrieben hatte. Den Musikern der Band hatte der Text nicht richtig zugesagt. Aber Udo gefiel er auf Anhieb. Ihn reizte das halb Satirische, halb Makabre, ein Element, dass sich bis dahin noch nicht in den deutschsprachigen Songs gefunden hatte, für das Udo aber durchaus einen Sinn hatte und das er seit jeher bei den Beatles so bewundert hatte. Warum diese moritatenhafte Geschichte vom tragikomischen Hinscheiden eines ganzen Damenkränzchens an Tortenstücken zum Erfolg wurde – trotz der gelinden Gotteslästerung? Vielleicht lag es ja am reizvollen Gegensatz zwischen Rockrhythmus und dem Streicherzwischenspiel nach Art eines Boccherini oder Haydn – oder doch an den etwas dunkleren Seiten unserer Seele, die sich blasphemisch freut, wenn den Sarg statt Kränzen Torten schmückten?
 
Foto: picture alliance/United Archives | Lindinger

Wiedergehört: Griechischer Wein

Ein Griechenland-Urlaub war es, der Udo Jürgens zu einem seiner größten Hits inspirierte:
Die Sommerferien des Jahres 1973 verbringt Udo auf Rhodos. Nach herrlichen Wochen voller Sonne, Meer, Licht, Wind und Musik regnet es bei seiner Rückkehr nach Wien. Udos Stimmung ist melancholisch, und so setzt er sich ans Klavier und beginnt zu spielen, die Bouzouki-Klänge noch im Ohr. Alle, die seine neue Komposition hören, sind sich sicher: dies wird ein Hit. Aber Udo gefällt keiner der Textvorschläge. Er will keine Caprifischer auf griechisch, keine weißen Segel auf blauem Meer, keine Sonne über der Akropolis, nichts, was dem Touristenklischee entsprochen hätte. Udo produziert schließlich eine fertige Aufnahme mit Orchester, Chor und vollem Bouzouki-Klang – nur eins fehlt noch immer: der Text. Udo lädt seinen Textdichter Michael Kunze ins Studio und spielt ihm die Aufnahme vor. „Ich hab’s“, sagt Kunze und erzählt Udo die Geschichte, von der das Lied handeln würde: Irgendwo im Ruhrgebiet gehst du durch die Nacht, eine Kneipe ist offen, du hörst Musik. Drinnen sitzen Männer und trinken Wein. Es sind Griechen. Du setzt dich zu ihnen und einer erzählt von zu Hause. Diese Männer sitzen da und trinken griechischen Wein, jeder allein mit seiner Sehnsucht… Zwei Jahre hatte Udo auf den richtigen Text gewartet. Das war er. Dank Michael Kunzes zündender Textidee, in der griechischer Wein nicht auf Rhodos, sondern im Ruhrgebiet getrunken wird.
Mit dem Lied „Griechischer Wein“ gelang Udo Jürgens 1975 der „Hit des Jahres“. Bing Crosby machte den Titel in der englischen Version „Come Share The Wine“ zum Welterfolg. Und in Griechenland ist die griechische Version „Phile kerna krassi“ bis heute ein bekanntes Volkslied.
Foto: picture-alliance/ dpa | Horst Ossinger

Wiedergehört: "Jamaica Mama"

Am 30. Dezember 1979 strahlte das ZDF den Film „Wencke, Udo und der blaue Diamant“ aus. In den Hauptrollen Udo Jürgens und Wencke Myhre, die Regie führte Michael Pfleghar. Udo unterzeichnete den Vertrag für diese Fernsehproduktion ziemlich spontan, um den frostigen Wintertagen des Februars in Deutschland entfliehen zu können. Gedreht wurde die turbulente Krimikomödie in der Karibik und an Bord der MS Vistafjord. Udo und Wencke Myhre spielen darin ein Paar, das auf einem Luxuskreuzer in eine wilde Gangstergeschichte hineingerät. Die Dreharbeiten auf Jamaica inspirierten Udo zu dem Song „Jamaica Mama“. Das besondere an diesem Titel ist nicht nur der Caribian Sound, sondern auch der englische Text, den Udo selber schrieb. Erschienen ist „Jamaica Mama“ auf dem Album „Udo ’80“ und als B-Seite der Single „Ich weiß, was ich will“.

Wiedergehört: "Eine Hand ist keine Faust"

„Du bist jung und voller Träume und sprichst viel von Politik. Beim Wort Frieden oder Gleichheit liegt ein Glanz in deinem Blick. Und du ballst deine Fäuste, wenn du irgendwo ein Unrecht siehst. Du sagst all die Modeworte, die du in den Büchern liest. Scheinbar hast du ganz vergessen: Eine Hand ist keine Faust.“ Udo Jürgens schrieb das Lied „Eine Hand ist keine Faust“ 1974 nach einem Text von Michael Kunze, als ganz Europa unter dem Eindruck der Terrorakte der Baader-Meinhof-Gruppe stand. Es erschien 1975 auf dem Album „Ein neuer Morgen“ und 1979 auf dem Doppelalbum „Lieder, die im Schatten stehen 1 + 2“. Dabei stand „Eine Hand ist keine Faust“ gar nicht so sehr im Schatten. Es kam in den Folgejahren zu vielen Veröffentlichungen auf diversen Compilations, unter anderem auf „Ein Leben in Liedern“ (1980), „Udo ’70 – Udo ’80“ (1980), „Nur das Beste Folge 2 – Die besten Hits der 70er“ (2004) oder „Best of“ (2009). Im Jahr 2014 erklärten Autoren des Berliner Tagesspiegels „Eine Hand ist keine Faust“ als „Anti-Terror-Hymne“ zu ihren zehn Lieblingssongs von Udo Jürgens. Live spielte Udo den Song auf seiner „Es lebe das Laster“-Tour 2003/2004 noch einmal in einer äußerst knackigen, modernen Version. Auch 2023 hat der Text nichts von seiner Aktualität verloren.

 

 

Foto: Manfred Bockelmann

Wiedergehört: "Nur ein Lächeln"

Die Idee zu dem Lied „Nur ein Lächeln“ kam Udo Jürgens während der 44. Oscarverleihung im Jahr 1972. Charlie Chaplin erhielt an diesem Abend – begleitet vom längsten Applaus in der Geschichte der Academy Awards – einen Ehren-Oscar, nachdem er zuvor wegen Kommunismus-Verdachtes 20 Jahre lang nicht in die USA hatte einreisen dürfen. Udo beschrieb diesen Moment in seiner Erinnerung so: „Jetzt stand er da, weinend. All die großen Stars der Welt erhoben sich von ihren Plätzen und jubelten ihm zu. In dieser Sekunde, als ich diese Bilder sah, entstand in meinem Kopf die Idee zu dem Lied ‚Nur ein Lächeln‘.“ Auf der Tournee „Einfach ich“ 2009 sang Udo gemeinsam mit Stevie Woods das Medley „Nur ein Lächeln / Smile“. Charlie Chaplin hatte „Smile“ im Jahr 1936 für seinen Filmklassiker „Moderne Zeiten“ – zunächst ohne Text – komponiert. Udos musikalische Verbeugung vor Charlie Chaplin geriet zu einem der Höhepunkte der „Einfach ich“-Konzerte.

Wiedergehört: "Ihr Lieben daheim"

Udo Jürgens schrieb nur wenige seiner Liedtexte selber, zumeist arbeitete er sehr intensiv mit seinen Textdichtern gemeinsam an Ideen und Songs. Den Text aber für „Ihr Lieben daheim“ verfasste Udo selber. „Ihr Lieben daheim“ ist mehr ein Brief als ein Chanson – es ist ein sehr offener und aufrichtiger Brief Udos an seine Eltern Käthe und Rudolf Bockelmann. In persönlichen Worten greift Udo darin autobiografische Momente des Eltern-Sohn-Verhältnisses auf. Die ersten Zeilen lauten „Als ich zum letzten Mal euch sah / Da wurde mir auf einmal klar / Das Bild hängt zwischen euch und / Mir ein wenig schief / Seit läng’rem fühle ich es schon / Ich bin doch schließlich euer Sohn / Drum schreib ich diesen Brief / Ihr Lieben daheim dies‘ muss ich euch sagen / Denn soviele Fragen die lasten auf mir…“. Es erschien 1976 erstmalig auf „Meine Lieder 2“, drei Jahre später wurde es noch einmal in der Sammlung „Lieder, die im Schatten stehen 1 + 2“ veröffentlicht. Udo selber beschrieb den Text in einem Gespräch mit Christian Simon einmal als den „Versuch, einen Generationenkonflikt zu überbrücken. Im Text heißt es: ’Schließlich sieht doch wohl jeder ein: Es ist kein Verdienst, jünger zu sein, aber auch alt zu sein heißt nicht, dass man alles weiß.’“

 

 

Foto: Archiv Udo Jürgens