Glut und Eis

Daß ich in mir ruhen sollte
in Bewußtsein und Sein –
wie gestandener Wein,
den man gern mit Freunden trinkt,
der Gespräche mit sich bringt –
Ehrlich, offen, tolerant –
sagt mein Verstand.

Daß ich groß und stark sein sollte,
wie die Eiche im Sturm –
in den Schlachten ein Turm,
Standfest, sicher, ungebeugt,
von mir selber überzeugt
und von allen anerkannt –
sagt mein Verstand.

Aber daß ich schwanken muß,
mit zwei Seelen in der Brust,
zwischen Hoffnung und Frust
als erwachsenes Kind,
wie die Pappel im Wind,
zwischen Freude und Schmerz –
sagt mir mein Herz.

Ewig hin- und hergerissen,
zwischen Sehnsucht und Gewissen –
Hier, was ich fühle – da, was ich weiß –
in Gefahr mich zu verletzen
an den eig’nen Gegensätzen –
hier viel zu kalt und da viel zu heiß –
GLUT UND EIS – GLUT UND EIS – GLUT UND EIS.

Daß ich alles hassen sollte,
was die Zukunft zerstört,
die den Kindern gehört –
was den Regenbogen bricht,
der aus Wasser, Luft und Licht
ihre Aussicht überspannt –
sagt mein Verstand.

Aber daß ich lieben muß,
wenn ich noch so traurig bin.
Auf der Suche nach Sinn
im gesungenen Wort,
bis zum letzten Akkord,
des letzten Konzerts,
sagt mir mein Herz.

Heut‘ zerstört am Boden liegen,
doch auf Brechen und auf Biegen,
morgen wieder aufgestiegen
um jeden Preis –
kalt und heiß –
GLUT