Pepe Lienhard, Orchesterchef und Freund
Von Wolfgang Hofer
Die Musikwelt kann froh sein, dass der junge Pepe Lienhard nicht auf den Papa gehört hat. Der wollte unbedingt, dass sein Sohn einen „seriösen“ Beruf ergreift. Doch der Bub hatte nur Ohren für die Musik. Schon mit 12(!) Jahren gründete er ein Dixieland-Orchester. Für abendliche Auftritte brauchte er eine Bewilligung des Schulrektorats. In der Schweiz herrscht Ordnung.
1967 begann Pepe ein Jura-Studium, der Vater war zufrieden. Aber nicht lange. Denn die Musik und die Paragraphen waren zeitlich nicht zu schaffen. Das Studium musste daran glauben, und der junge Musiker machte sich mit dem Pepe-Lienhard-Sextett auf den Erfolgsweg. Bis nach London. Mit dem Titel „Swiss Lady“ eroberten die langhaarigen Musiker dort Rang 6 beim „Grand Prix Eurovision“. Das war 1970.
Udo Jürgens wurde auf die Band aufmerksam und nahm sie mit zu einer Tournee durch die USA und Kanada. Als Pepe schließlich die Bigband aufbaute, beschloss Udo, das Orchester für alle seine Konzerte zu verpflichten. Wenn die Musiker nicht gerade mit Udo unterwegs waren, durften sich auch andere Künstler an der Unterstützung durch Pepe und sein Orchester erfreuen: Frank Sinatra, Sammy Davis jr., Whitney Houston oder Shirley Bassey, um nur wenige zu nennen. Qualität zahlt sich eben aus.
Die Freundschaft zu Udo Jürgens und die Zusammenarbeit dauerten unglaubliche 37 Jahre! Noch am Vorabend von Udos Todestag hatten die beiden zusammengesessen. Pepe erzählt: „Ich war mit Udo essen, ganz entspannt und sehr fröhlich. Er hatte einen Monat Urlaub vor sich und wollte sich ausruhen vom ersten Teil der Tour. Er hat mich zum Abschied umarmt und sich bedankt für die Zusammenarbeit. Am nächsten Tag kam ich von einem Spaziergang mit dem Hund nach Hause, als mir meine Frau sagte, wir müssten sofort ins Spital, der Udo sei zusammengebrochen.“
Eine Legende war für immer gegangen. Pepe erinnert sich: „Udo war ein entspannter, wohlerzogener Mensch gewesen. Ein Weltmann, der schöne Frauen, gutes Essen und ein Glas Wein zu schätzen wusste. Am meisten aber liebte er die Bühne. Er hatte melancholische Momente im Leben, auf der Bühne hat er das alles vergessen, da war er glücklich.“
Ein Glas Wein lässt sich auch Pepe gerne schmecken, allerdings rot und nicht weiß wie Udo. Da kommt man dann leicht ins Plaudern. Zum Beispiel über das Thema Disziplin. Pepe war immer beeindruckt von Udos akribischer Arbeit, von seiner Pünktlichkeit, wie ernst er seinen Beruf genommen hat. Er sei in dieser Hinsicht genauso gewesen wie Frank Sinatra, den er einmal bei einem Konzert begleiten durfte.
„Ich habe damals Saxofon gespielt und bin etwas früher zur Probe gekommen, um mich warm zu spielen. Da war Sinatra längst da. Vor allen anderen. Das hat mich beeindruckt. Ich dachte damals, der würde erst zum Auftritt persönlich auftauchen. Ich habe mit vielen großen Namen gearbeitet und wenn sie eines gemeinsam haben, dann dass sie die Musik sehr ernst nehmen.“
Ein Lächeln stiehlt sich in Pepes Gesicht.
„Auch Pannen haben Udo nicht aufgehalten. Er wusste immer eine Lösung. Ich kann mich an ein Konzert in Augsburg erinnern, da war in der Halle schlagartig alles dunkel, kein Piep kam aus den Lautsprechern, Stromausfall im ganzen Viertel. Und was macht Udo? Er spielt und singt einfach weiter. Wir Musiker waren quasi überflüssig, unsere Mikros waren ausgefallen, das Mischpult des Toningenieurs ebenso. Also haben wir umgesattelt auf Beleuchter. Damit Udo nicht im Dunkeln sitzt, haben wir unsere Handy-Taschenlampen eingeschaltet und ihn ins Rampenlicht gesetzt. Es war eine grandiose Atmosphäre!“
Es wird Zeit für die letzte Frage, denn morgen ist das nächste Konzert, und Pepe will fit sein.
„Wie erinnerst du dich am liebsten an Udo, den du fast vier Jahrzehnte begleitet hast?“
„Am liebsten so, wie es gerade passiert bei unserer Da Capo Udo Jürgens-Tour. Ich stehe auf der Bühne, begleite mit meinem Orchester seine Lieder und bin unendlich dankbar, dass mir dieser große Künstler sein Vertrauen geschenkt hat. Und alle meine Musiker fühlen genauso. Jeder, der in eines unserer Konzerte kommt, wird spüren, dass wir unser Bestes geben. Unser Bestes für den Besten. Für Udo.“
© 2023/25 Wolfgang Hofer