Jeder lügt, so wie er kann

Selten ist die Wahrheit angenehm
Und das Lügen ist leider so bequem
Schon den Kindern fällt es kinderleicht
Jeder lügt, solnag der Vorrat reicht

Selten ist dei Wahrheit schmeichelhaft
Sie zu sagen erfordert Seelenkraft
Und wer hat die immer so zur Hand
Lügen blühn zu Wasser und zu Land

Was gelten Advokaten für jede Lüge plötzlich weg
Und bei den Diplomaten gehört sie längst zum Handgepäck
Lügt man nicht vor den Wahlen das Volk in blauen Lügendunst
Und die Statistiker mit Zahlen erheben sie zur hohen Kunst

Selten ist die Wahrheit angebracht
Doch die Lüge wird an den Mann gebracht
Wenn sie schwach war platzt sie ziemlich weit
Doch die Guten werden oft steinalt

Anfangs geht man damit sparsam um
Auf die Dauer wird’s einem dann zu dumm
Und auf einen mehr, kommt’s nicht mehr an
Ja ein jeder lügt so gut er kann

Ich denke oft mit Grausen, was die Reklame uns verspricht
Dagegen warmen Fausen ein Dilletant ein kleines Licht
Geht’s Lügen nicht in Dramen, hätt‘ heut‘ Othello Weib und Kind
Ja und was tun die feinen Damen, die sieben Jahre vierzig sind

Selten wirkt die Wahrheit unbeschwingt,
Darum braucht man die Lüge unbedingt
Nur durch sie läuft unsere Welt normal
Ohne sie wärs ein Neandertal

Lügen gibt es frisch und abgeschmackt
Die aus Liebe und die aus purem Takt
Selbst der Bravste braucht sie dann und wann
Ja und dann lügt auch er so gut er kann